Montag, 4. Februar 2008

Zehntausende Unternehmensbilanzen ungeschützt im Internet

Über das Onlineportal des Bundesanzeigers sind die Bilanzen aller offenlegungspflichtigen Unternehmen in Deutschland über eine einfache Firmensuche anonym abrufbar. Unter den zahlreichen GmbHs und GmbH & Co. KGs ist auch die Firma SoftGuide aus Wolfsburg, die diesen Missstand jetzt aufdeckte. Der Betreiber einer erfolgreichen Online-Datenbank mit mehr als 5.200 überwiegend mittelständischen Anbietern fordert vom Bundesanzeiger die Einführung einer Sicherheitsabfrage („Captcha-Verfahren") als grundlegenden Schutz. Denn das Unternehmen und seine Kunden fürchten einen Datenmissbrauch, beispielsweise durch einen massenhaften, automatisierten Download der sensiblen Geschäftsdaten. Hinter der Politik des Bundesanzeigers steht das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG). Durch die Veröffentlichung der Unternehmensrechnungslegung sollen alle Interessierten in die Lage versetzt werden, sich einen Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse auch kleiner und mittelständischer Firmen zu verschaffen.

Durch eine einfache Abfrage des Firmennamens kann jeder Internetnutzer auf www.ebundesanzeiger.de unter anderem Bilanzinformationen von Wettbewerbern, Lieferanten, Geschäftspartnern oder dem eigenen Unternehmen abrufen – ohne sich dafür vorher registrieren zu müssen. Die Tragweite dieser, vom Gesetzgeber sowie vom BDI gewünschten Transparenz, ist vielen Unternehmern mutmaßlich noch nicht bewusst. SoftGuide sieht jedoch ein großes Risiko in der fehlenden Sicherheitsabfrage. Laut dem Internet-Experten können beispielsweise Bilanzinformationen oder Jahresabschlüsse massenhaft herunter geladen und diese Daten kommerziell vermarktet oder einfach über Suchmaschinen bereitgestellt werden. „Im schlimmsten Falle könnte bei der Eingabe des Firmennamens in Suchmaschinen wie Google sofort die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens auftauchen – für viele Mittelständler sicherlich eine ‚Horrorvorstellung’", so Uwe Annuß, Geschäftsführer von SoftGuide. Ebenso bestehe die Gefahr, dass massenhaft herunter geladene Bilanzdaten in eine Datenbank eingelesen und bis ins Detail ausgewertet würden. SoftGuide warnt davor, die Phantasie von Online-Kriminellen zu unterschätzen.

Das enorme Missbrauchspotenzial sollte bei den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern für Alarmstimmung sorgen, so die Einschätzung von SoftGuide. „Wir empfehlen dem Bundesanzeiger dringend, eine Captcha-Abfrage bei der Suchfunktion einzuführen", so Uwe Annuß. Captcha ist ein Test, der sicherstellt, dass ein Mensch die Sucheingabe vorgenommen hat und nicht etwa ein automatischer Such-Robot. SoftGuide sieht das Bundesjustizministerium sowie insbesondere den Betreiber des Bundesanzeigers in der Pflicht, die Daten zehntausender deutscher Unternehmen über dieses Standardverfahren, dass heute bereits auf vielen Webseiten eingesetzt wird, besser zu schützen. „Die Offenlegungspflicht von Unternehmensdaten begrüßen wir grundsätzlich. Es darf aber nicht sein, dass durch fehlende Sicherheitsvorkehrungen sensible Firmen- und Personeninformationen massenhaft in falsche Hände geraten", so Annuß.

http://www.news4press.com/1/MeldungDetail.asp?Mitteilungs_ID=325678

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wie haben denn andere europäische Länder, die ja von der gleichen Richtlinie betroffen sein müssten, den Zugang umgesetzt?